Drei Tage kommt es, drei Tage bleibt es und drei Tage geht es….
Dass die Erkältung 3 Tage gekommen ist kann ich jetzt nicht behaupten, sie war einfach da – mit voller Wucht! Heute ist zum Glück Tag 3 von ‚Bleiben‘ und wir sind guter Hoffnung, dass wir in spätestens drei Tagen wieder fit sind. Deshalb haben wir uns jetzt erst mal für 4 Tage / 3 Nächte in Bolivien in der schönen Hafenstadt Copacabana (von der übrigens DIE Copacabana Ihren Namen hat) ein Hostel mit Blick auf den Titicacasee gebucht.
Aktuell sitzen wir im Bus und warten auf die Überfahrt ins nächste Land. Schönerweise dauert diese Fahrt nur 3 Stunden plus circa 20 Minuten an der Grenze. Zumindest wenn alles so funktioniert wie es soll, wovon wir jetzt mal ausgehen.
Genügend Zeit um die Fahrt zum Schreiben zu nutzen (liebe Hanni, siehst Du ich bekomme es irgendwie immer zwischendurch hin zu schreiben).
Wir sind Euch noch den Bericht über unseren Salkantay Trek und den Inka Express schuldig – und das muss ich wirklich unbedingt für meine Nachfahren festhalten, glaubt mir ja sonst niemand, dass wir das echt gemacht haben 🙂
Alsooo stehen geblieben war ich ja, dass wir uns FÜR den Trek entschieden hatten, auch wenn wir kein Briefing erhielten und uns nicht ganz wohl war, zumal ich mir über mein Fitnesslevel bewusst bin und ich sehr gerne gefragt hätte, wie fit man sein muss um diese 5 Tage zu überstehen…
Wir wurden dann also um 4:20 Uhr am Hostel von ‚Edwin‘ abgeholt, der sich als unser Guide vorstellte. Während wir vom Hostel quer durch die leeren Gassen Cusco’s samt Gepäck zum Bus liefen (denn abholen heißt hier nicht chauffieren) fragten wir ihn direkt, ob wir irgendetwas besonders wissen müssten, da wir kein Briefing gehabt hätten… Er war etwas verwundert, aber tat es dann ab und fragte uns bloß, ob wir sehr warme Klamotten dabei hätten und einen Schlafsack, da heute Abend die kälteste Nacht der 4 Nächte sei. Ja, dank der Internetrecherche hatten wir uns mit Mütze, Schal, Handschuhen und Wollsocken und Wollpulli ausgestattet. Aber den Schlafsack wollten wir doch über die Agentur ausleihen! – Okay, das sei kein Problem, 25 USD pro Schlafsack. Ja, das wussten wir immerhin durch das Hostel…
Heute und morgen -also Tag 1 und Tag 2- seien übrigens die härtesten Tage – erst 19 und dann 21 km mit steilen Anstieg, am 2. Tag auch zusätzlich mit sehr dünner Luft, da wir auf über 4.000m hoch steigen. Äh ja. Gewusst hatten wir das circa. Klang aber irgendwie aus dem Mund des Guides anstrengend… Tag 3 und 4 wären easy, Tag 5 wäre dann der Machu Picchu Tag. Ok, roger, alles kapiert.
Und wie viele andere laufen die Tour mit uns?- 16.Ok, schöne Gruppengröße.
Dazu muss man wissen, dass der bekannteste und beliebteste Weg Machu Picchu auf den Spuren der Inka zu erreichen, der Inka Trail ist. Dies ist der Originalweg, den die Inkas nahmen um auf den Berg zu gelangen. Der klassische Pfad beginnt beim 82km auf dem Weg von Cusco nach Aguas Calientes, ist insgesamt 43km lang und dauert 4 Tage. Außerdem passiert man weitere Inkaruinen bis man zum Machu Picchu gelangt. Da mittlerweile die Nachfrage zu hoch geworden ist und der Machu Picchu samt Inka Pfad überlaufen sind, wurde die Anzahl der Personen die den Inka Trail täglich besuchen dürfen limitiert und der Inka Trail ist Monate -sehr viele Monate- im Voraus ausgebucht.
Ein großer Nachteil vom Inka Pfad ist, dass täglich mehr als 500 Personen genau den selben Weg laufen, 500 Touris plus Guides, Kochangestellte, Träger und Pferde. Alle starten zur mehr oder minder gleichen Zeit, alle zelten an den selben Zeltplätzen…
Demnach werden die Alternativen wie der Salkantay Trek beliebter, auch wenn dieser Weg länger und anstrengender ist – am Ende landet man am Machu Picchu, was ja unser Ziel ist.
Der Vollständigkeit halber: Der härteste Trek ist wohl der Weg zur Inkastadt ‚Choqek’Iraw‘ (Choquequirao), diese ist wohl bei weitem größer als der Machu Picchu, aber liegt im tiefsten Nebelwald. Sie ist bisher erst zu 30-40% erschlossen (bisher dauern die Ausgrabungen noch an) und der Weg dahin ist bei weitem schwieriger als alle anderen Pfade in Peru. Laut unserem Guide wird diese in den nächsten Jahren eine ähnliche Popularität wie der Machu Picchu erfahren, sobald man Wege findet um sie touristischer zu besichtigen. Schon Wahnsinn, dass man heute noch so eine faszinierende Entdeckung machen kann, die so alt ist!
Also zurück zu unserem Abenteuer.
Mittlerweile hatten wir den Kleinbus erreicht, warfen unseren Rucksack aufs Autodach (Kofferräume und Anhänger werden hier nicht genutzt und wenn dann nur zum Transport von noch mehr Menschen oder Tieren) und setzten uns hinein. Hinten saß bereits ein junger Typ, der auf mich einen sportlichen, ‚Bergsteigereindruck‘ machte… Wir begrüßten uns und als er mit unverkennbarem Akzent sagte ‚Hi! – Rene!‘, wussten wir „Hey noch ein Deutscher!“:).
Nach und nach stiegen noch weitere 5 Personen ein, alle mehr oder minder in unserem Alter und einige Pärchen.
(Juchu, noch weitere Frauen!)
Mittlerweile war es 05:15 Uhr und die Fahrt ging endlich los. 2 Stunden brauchten wir bis zum Startpunkt. Die schlief ich erst mal, was wohl auch besser war, da Fabian mir im Nachhinein erzählte, dass die Busfahrt einige Serpentinen mit steilen Abhang entlang ging….
Um kurz nach 7 erreichten wir einen kleinen Ort und wurden zusammen mit den 8 Personen aus dem anderen Transporter in einen kleinen Raum gesetzt, in dem wir frühstücken sollten, wenn wir wollten. Natürlich nicht inklusive und viel zu teuer für die hiesigen Verhältnisse, aber wir nahmen es dankend an, da wir ja nicht wussten, wann es wieder etwas halbwegs Vernünftiges geben sollte.
Es gab Rühreier (3 Esslöffel pro Person) und die üblichen ‚Brötchen‘, Marmelade, Coca-Tee und Margarine für 10 Soles, was für uns nicht viel ist (ca. € 2,50), aber hier eine vollständige Mahlzeit bedeutet.
Während dem Frühstück erlaubten wir uns einen ersten Eindruck über unsere Leidensgenossen, jetzt im Nachhinein können wir die Gruppe aber genauer beschreiben:
1. Rene, 30 Jahre aus der Nähe von Chemnitz, wohnhaft in Marburg studiert irgendwas mit Bio (sorry Rene, ich hab‘s schon wieder vergessen) Fabian korrigiert: Rene macht grade seinen Doktor in Mikrobiologie
2. Rob alias ‚der New Yorker‘ – ein lockerer und sehr fitter Mitte 30 Jährige, der schon einige NY Marathons mit gelaufen ist
3. + 4. Sarah aus Paris und Jeremy aus Belgien, beide wohnhaft in London und etwas jünger als wir, beide im Finanzbereich beschäftigt
5. +6. Jeffrey und seine Frau, deren Namen ich beim besten Willen nicht schreiben kann und deshalb schon wieder vergessen habe – ein sehr ruhiges, aber sehr nettes brasilianisches Ehepaar, die leider nur portugiesisch sprachen und etwas älter waren als wir, die aber während der Wanderung meine Verbündeten wurden, da sie genauso zu kämpfen hatten wie ich
7.+8.+9. Katie, Audrey und…ähm Namen vergessen. Drei Mädels aus Kanada, Kalifornien und irgendwo sonst aus Amerika, die sich in der Spanischschule in Cusco kennen gelernt haben und alle zwischen 21 und 23 waren. Katie, die Kalifornierin war gefühlt 2 Meter groß und dünn wie ein Zahnstocher, hatte Beine bis zum Mond und lief täglich 5 km, sei aber gerade nicht ‚ganz in shape‘… Audrey war ’ne coole Socke – Dreadlocks, hatte sich gerade den kompletten Arm in Cusco tätowieren lassen und sprach wie es ihr gerade gefiel und war dabei aber sehr warmherzig. Sehr sympathischer Zeitgenosse! Und die dritte im Bunde war sehr nett, aber irgendwie hat man sich nicht so viel unterhalten.
10.+11. Das Kanadische Ehepaar – Namen hab ich auch schon wieder vergessen. Fabian ergänzt: Brian & Aidan. Die beiden sind in Ihren Flitterwochen – 3,5 Monate quer durch Südamerika. Beide sehr fit und sehr nett und lustig. Beide so um die 29.
12. Der Portugiese – ein Anfang Dreißig Jähriger Anwalt, dem ich äußerlich nicht als Anwalt kategorisieren würde. Ebenfalls sehr nett und macht in etwa die selbe Route wie wir, allerdings innerhalb eines Jahres.
13. Der Brasilianer – ebenfalls Anfang Dreißig, hat das erste mal auf unserer Tour Schnee gesehen. So etwas gibt es in Brasilien ja nicht! – Ebenfalls sehr nett und lustig.
Und die Guides Edwin und Elizabeth.
Da fällt mir gerade auf, wir waren doch nur 15… – Naja, jedenfalls eine rund um nette Gruppe ungefähr unseres Alters in der wir wieder hauptsächlich Englisch gesprochen haben.
Nach dem Frühstück wurden die Rucksäcke gewogen, jeder durfte nur 5kg mit sich führen, damit es für die Pferde nicht zu schwer wird. Dank Internet wussten wir das und hatten zusammen 10kg.
Nun schnappte sich jeder seinen Daypack und los ging’s. Bei Rob sahen wir, dass er einen Wanderstock dabei hatte und wir hielten das für eine gute Idee. Investierten jeweils 4 Soles (ca. 1€) und kauften noch schnell am Kiosk jeweils einen. (Das war wahrscheinlich eine der best-investierten Soles ever!)
DER 1. TAG
Die Wanderung startete also so gegen 07:45 Uhr, bei 2.850 m in einem kleinen Dorf namens Mollepata und der eigentliche ‚Weg‘ begann auf einem Feld mit leichtem Anstieg bei Sonnenschein und schönster Sicht über die Anden.
Die erste Stunde war okay, ab und zu musste man mal etwas klettern um von einem Weg in den nächsten zu gelangen, aber es war machbar. Die Natur um uns herum war grandios. Wir sahen die Anden, Felder mit Schafen, Kühen, bunte Blumen und begegneten hier und da immer wieder mal einheimischen Bauern die nicht im Geringsten angestrengt aussahen und uns immer zu lachten. Bei einem musste ich zwei Mal hinschauen und ärgere mich, dass ich nicht schnell genug die Kamera gezückt habe – denn in seinem bunten Tuch, dass er über seinen Rücken geworfen hatte trug er etwas Gewaltiges. Es lugten gerade noch die Hörner heraus. Ja genau, er trug einen Ochsenkopf auf dem Rücken in Richtung Dorf! Stark!
Umso mehr es gen Mittag ging bratzte die Sonne auf uns runter und der Weg wurde steiler, immer häufiger mussten wir im Zickzack relativ steile Erdstufen nehmen um einige Höhenmeter zu überbrücken. Alle schwitzten, aber vor allem der Kanadisch-Amerikanischen Fraktion schien der Weg kaum etwas aus zu machen und sie waren weit vorne an der Spitze.
Das Tempo war zügig, kein gemütlicher Wanderschritt und das Brasilianische Ehepaar, Fabian und ich sowie der Guide Elizabeth hatten bis zur ersten Pause einen Abstand von guten 10 Minuten zu den anderen. Aber ehrlich gesagt war mir das egal, wir wollten ja keinen Marathon absolvieren sondern auch etwas Natur genießen. Und durch halten.
Zwischendurch gab es immer mal wieder kurze Trinkpausen, aber bis zur richtigen Mittagspause waren wir dann tatsächlich 5 Stunden unterwegs! Ich hab keinen blassen Schimmer, wann ich das letzte Mal (oder ob ich jemals) 5 Stunden Wandern war….
Wir aßen Mittag in einer provisorischen Konstruktion aus 4 Holzstangen umrandet mit blauer Folie – die aussah wie aufgeschnittene blaue Säcke- und Wellblechdach. Da drunter stand ein langer Tisch mit Bierbänken und war schon komplett mit 15 Bestecken eingedeckt.
Es gab erst mal ein warmes, sehr süßes breiartiges Reisgetränk für jeden. Danach eine Suppe und als Hauptgericht Reis, zwei dicke scheiben Kartoffeln und ein Stückchen Hühnchen. Gekocht hatte dies unser Koch auf einem Gaskocher.
Um uns herum liefen Hühner, Schweine, streunende Hunde und leider flogen unzählige Mosquitos um uns herum. Trotz Autan wurden wir einige Mal gestochen. Die Viecher sind kleiner als unsere dt. Fruchtfliegen und man merkt den Stich erst, wenn es schon zu spät ist… Ätzend!
Nach dem Mittag sollte es dann nochmals 3 Stunden, etwas humaner in Richtung Zeltlager gehen. Die Sonne wechselte sich nun mit Regen ab, was hier um Cusco völlig normal ist, das Wetter ändert sich alle paar Stunden. Wir packten dann also unsere Regencaps aus und liefen mit Wanderstock und Cap weiter. Nach 30 Minuten konnten wir das erste Mal den 6.271m hohen Salkantay Gletscher sehen. Unglaublich durch die Anden bei hauptsächlich tropischen Temperaturen zu laufen und in der Ferne einen Berg mit Schneebedeckter Spitze zu sehen! Nach einer weiteren Stunden sahen wir etwas Blaues am Fuße des Gletschers – unser Zeltlager lag im Tal umrundet von mehreren Bergen! Deswegen wird’s also heute die kälteste Nacht…
Der restliche Weg bis zum Ziel zog sich wirklich unglaublich, so dass wir immer wieder Pause machten und ziemlich erschöpft nach nun guten 8 Stunden (19,7km und 1.030 Höhenmetern) Wandern am Lager ankamen…
Auch hier waren wieder mehrere Balken zusammen geschustert, drum herum blaue Folie gespannt und Wellblechdächer montiert, nur wesentlich größer, denn netterweise mussten wir nicht ganz im freien schlafen, sondern die Zelte wurden innerhalb dieser Konstruktion aufgebaut. Da sich der Koch und das Gepäck verspäteten, saßen wir erst einmal alle zusammen am langen Tisch und quatschen etwas. Der Guide schlug dann noch vor, wer noch Lust hätte könnte noch zu einem wunderschönen See laufen. Hinweg 45Minuten, zurück auch. Rob fand das eine tolle Idee. Der Guide empfahl ihm zügig zu laufen, da es bald dunkel werden würde. Joah… ohne Guide lief Rob dann los…
Wir erkundeten etwas die Umgebung und außer unserer Gruppe traf offensichtlich noch eine weitere Gruppe ein. Außerdem befand sich um unsere Konstruktion ein Häuschen in dem man Wasser kaufen konnte und Süßkram. Und es gab Toiletten (Wow mit richtigen Schüsseln!). Fertig.
Ach ja und einen super süßen Welpen der sich sehr freute, dass wir ein bisschen mit ihm rumtobten, der aber leider nicht begreifen wollte, dass es weh tut wenn er mit seinen spitzen Zähnchen in die Wade beißt…
Als das Gepäck endlich ankam halfen wir beim Zeltaufbau und jeder sollte sein Gepäck ins Zelt verstauen, da der bereits angesprochene Welpe sehr gerne an sämtlichen Gegenständen rum kaut…
Wir erhielten eine kurze Zusammenfassung des Tagesplans für Morgen und Edwin betonte, dass es morgen sehr hart werden würde. Ich schluckte. Ich fand es heute ehrlich gesagt schon sehr hart. Der Blick der Brasilianerin und meiner trafen sich. Sie dachte das Selbe, auch wenn sie den Guide wahrscheinlich nur halbwegs verstand. Er sprach weiter, dass es eine Alternative gebe – man könnte für 100 Soles ein Pferd mieten und den ersten Weg reiten. Aber danach müsste man weiter laufen, da es dann bergab ginge und das für die Pferde zu steil sei.
Essen sei um 19 Uhr fertig und vorher gäbe es noch Kekse und Coca-Tee für alle. Wecken morgen um 05:30 Uhr, 06:00 Frühstück, 06:30 Uhr los. Ok. Roger.
Wir wollten uns erst mal umziehen und waschen. Duschen gab es keine, aber zum Glück hatten wir uns Baby-Feuchttücher gekauft. Danach setzten wir uns zu den anderen an einen langen Tisch mit Bierbänken, dieses Mal in der Mitte eine Kerze, denn es wurde langsam dunkel und Licht gab es keines.
Nach einiger Zeit kam Rob wieder und berichtete, dass der See schön läge aber bis er da ankam war es schon zu dunkel um das schöne Blau zu sehen und er hatte sich dann tatsächlich beeilt um sich in der Dunkelheit nicht zu verlaufen oder zu verletzten.
Bis das Abendessen dann fertig war sind wir fast vor Erschöpfung eingeschlafen und es war stockdunkel und mittlerweile auch echt kalt. Eingepackt in Thermoleggings, Jogginghose, zwei Paar Socken, Schal, Mütze und Handschuhen waren wir alle froh über eine weitere –relativ geschmacksneutrale- aber wunderbar warme Suppe. Als Hauptspeise gab es Reis, Kartoffeln und ein Stückchen zähes Fleisch.
Ehrlich gesagt war mir das total egal, ich wollte nur schlafen. Direkt nach dem Essen gingen wir dann auch tatsächlich alle in die Zelte, auch wenn es nicht mal 21 Uhr war. Aber der Plan für morgen war stramm und wir ja bereits seit 4 Uhr auf den Beinen…
Sorry ich muss mal kurz stoppen, der Bus kommt gerade an die Grenze von Bolivien und wir müssen uns ‘nen Stempel holen.